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Keine Angst vor der dunklen Seite

  • Autorenbild: Franzi C
    Franzi C
  • vor 2 Stunden
  • 4 Min. Lesezeit

Wer sich mal länger mit sich selbst beschäftigt oder eine schwierige Phase durchgemacht hat, weiß, wie anstrengend das sein kann und wie oft man kurz davor ist, aufzugeben. Wie schwer sowas sein kann, sagt einem vorher niemand. Aber was man dadurch gewinnen kann, auch nicht. Und genau darauf will ich heute eingehen.


Niemand setzt sich gerne mit den eigenen Schattenseiten auseinander. Es bringt so viele negative Gefühle mit sich, es ist frustrierend, braucht viel Zeit und oft fühlt man sich auch noch allein mit dem Problem. Warum also sollte ich all diese Gefühle überhaupt zulassen?


Es ist ja schließlich sehr einfach, allem einfach aus dem Weg zu gehen. Nie war es einfacher, sich von den eigenen Problemen abzulenken. Ich mache einfach Überstunden bei der Arbeit. Nach Feierabend gucke ich Serien, scroll durch Instagram oder gönne mir ein bis 16 Feierabendbier. Am Wochenende treffe ich mich mit Freunden, engagiere mich in einer Partei, grabe den Garten um, besuche Veranstaltungen, gehe ins Spielcasino oder spiele einfach am PC oder der Playstation. Was ich damit sagen will, ist, es ist nicht schwer, vor den eigenen Problemen wegzurennen.


Im Gegenteil, es kann wie ein ganz normaler Tagesablauf aussehen. Man muss nicht mal etwas illegales machen. Es gibt auch viele Leute, die diese Dinge machen, ohne dass sie vor etwas wegrennen. Die Intention ist von außen schwer zu erkennen. Aber wir Menschen haben eine Tendenz dazu, uns das Leben möglichst einfach machen zu wollen. Und im ersten Moment ist es eben einfacher vor Gefühlen wegzurennen, als sich mit ihnen zu beschäftigen. Dabei lohnt es sich.


Es gibt mehrere Vorteile. Zum einen lernt man, die eigenen Gefühle auszuhalten und dadurch auch die Gefühle der anderen. Früher habe ich selbst kaum Gefühle gezeigt und war auch schnell überfordert, wenn es einer Freundin schlecht ging. Mittlerweile kann ich den Gefühlen meines Gegenübers den Raum geben, den sie brauchen. Ich fertige die Person nicht mehr mit sinnlosen Sprüchen à la „Das wird schon wieder.“ ab. Ich lasse die Person reden, höre zu und versuche die Geschichte aber auch die Emotionen zu verstehen.


Und darin liegt auch schon der zweite Vorteil. Man versteht die Erfahrungen und die Emotionen besser. Oder anders gesagt, man trainiert die eigene Empathie. Dadurch, dass ich schon so viel erlebt und über all diese Dinge auch schon mehrmals geredet habe, verstehe ich nicht nur mich selbst, sondern auch andere besser.


Vor einer Weile habe ich verstanden, dass jede Geschichte ihren ganz eigenen Sinn in sich trägt. Manchmal ist der von außen nicht sofort zu erkennen, aber es gibt ihn immer. Jede Person findet ihr eigenes Handeln total logisch und nachvollziehbar. Denn wir alle haben ein Bild von uns bzw. eine Geschichte darüber, wer wir sind, und aus der heraus wir handeln. Manchmal funkt unser Unterbewusstsein mit seiner ganz eigenen Geschichte dazwischen und macht alles unnötig kompliziert.


Zum Beispiel habe ich früher auf meiner Suche nach viel Liebe, Sex und Bargeld nur Männer gedated, die ich rückblickend nur als emotionale Backbleche bezeichnen kann. Denn obwohl ich mir selbst erzählt habe, dass ich einen Partner möchte, hatte mein Unterbewusstsein Angst vor echter Nähe. Also suchte ich mir nur Personen, die ebenfalls Angst vor Nähe oder zumindest keine Lust darauf hatten. Damals habe ich mich natürlich gewundert, was da bei mir so schief lief, aber jetzt verstehe ich, dass meine widersprüchlichen Wünsche zu meinem widersprüchlichem Verhalten geführt haben.


Genau wie ich sind andere ebenfalls voller Widersprüche. Seitdem ich meine eigenen akzeptiert habe, kann ich sie bei anderen auch verstehen und akzeptieren. Aber nicht nur die. Auch die Emotionen von mir und anderen. Als ich alle möglichen Emotionen bei mir zugelassen habe, passierte nämlich etwas wunderschönes. Ich bemerkte, dass es Menschen gibt, die mich in allen Gefühlslagen ertragen, statt mich deswegen zu bestrafen, abzuwerten oder links liegen zu lassen.


Und noch etwas passierte, als ich meine Emotionen akzeptiert habe. Ich bemerkte, dass sie früher oder später immer wieder verschwinden. Nicht mal die schlimmste und unangenehmste Emotion bleibt ewig. Die schönste und beste tut es leider auch nicht. Aber diese Erkenntnis macht die schönen Gefühle ein bisschen wertvoller und die schlimmen ein bisschen erträglicher.


Zu guter Letzt ist mir noch aufgefallen, dass ich auf eine positive Art irgendwie abgestumpft bin. Was ich damit meine, ist, dass es wahrscheinlich keine Geschichte und keine Herausforderung mehr gibt, die mich noch schocken kann. Ich habe einige der größten menschlichen Abgründe erlebt und überlebt.  Alles, was jetzt noch kommt bzw. was ich jetzt noch höre, überfordert mich nicht mehr und löst auch keine Angst aus.


Es ist, als hätte ich schon den Mount Everest bestiegen. Eine größere Herausforderung kann nicht mehr kommen. Und wenn andere von ihrem ganz persönlichen Mount Everest erzählen, weiß ich ungefähr, wie sich das für sie anfühlen muss und auch wo die schwierigen Stellen sind.


Am Ende habe ich also sehr viel über mich und andere gelernt. Keine Geschichte, kein Gefühl und kein Problem macht mir mehr Angst, weil ich bereits abgehärtet bin und mich selbst gut genug verstehe, um andere ebenfalls verstehen zu können. Das alles hätte ich nicht, wenn ich immer noch vor meinen Problemen und Gefühlen wegrennen würde. Es hat sich also ganz klar gelohnt.

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