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Grenzen

  • Autorenbild: Franzi C
    Franzi C
  • 29. Nov. 2024
  • 3 Min. Lesezeit

Wir alle haben sie. Manchmal merken wir sie mehr und manchmal merken wir sie eher weniger, aber sie sind immer da und sie sind immer wichtig. Die Rede ist von unseren Grenzen. Aber warum sind sie eigentlich so wichtig? Und wie habe ich meine Grenzen entdeckt?


Früher hätte ich das Wort Grenzen nicht mal buchstabieren können. Woher auch? Meine Eltern kennen dieses Wort wahrscheinlich bis heute nicht. Wobei das eigentlich nur für meine Grenzen galt. Ihre eigenen haben sie gehütet wie Coca Cola ihre Rezeptur. In so einem Umfeld habe ich vor allem gelernt, wie ich die Grenzen anderer schon aus fünf Kilometer Entfernung erkennen kann, aber dabei meine eigenen komplett ignoriere. Irgendwann habe ich sogar vergessen, dass ich überhaupt mal welche hatte.


Das führte im Laufe meines Lebens dazu, dass ich nie mitbekam, wenn jemand anderes meine Grenzen übertrat. Als würde ich immer meine Wohnungstür sperrangelweit offen lassen und die Leute noch dazu ermutigen, jederzeit einzutreten und sich einfach zu nehmen, was sie brauchen. Damit konnte ich die anderen vielleicht für eine Weile zufrieden stellen, aber das führte eben auch unweigerlich dazu, dass am Ende nichts mehr für mich übrig blieb. Ich stand in einer leeren Wohnung und die hatte ich ja nicht mal für mich allein, denn es kam ja ständig jemand durch die offene Tür herein, um nachzusehen, ob nicht doch noch etwas zu holen war.


Dabei sind Grenzen nicht dazu da, andere aus dem eigenen Leben auszuschließen, sondern um den anderen zu zeigen, unter welchen Bedingungen ein Zusammenleben möglich ist. So wie wir in einem Arbeitsvertrag festlegen, welche Arbeiten wir wann und für welches Geld erledigen. Kein Arbeitgeber darf erwarten, dass wir rund um die Uhr arbeiten ohne dafür bezahlt zu werden. Unsere Arbeits-/Urlaubszeiten und unser Gehalt sind unsere Bedingungen dafür, dass wir in der Firma arbeiten. Niemand sollte uns deswegen vorwerfen, dass wir eigentlich gar nicht in der Firma arbeiten wollen. Genauso legen wir in Partnerschaften/ Familien/ Freundschaften Regeln für die zwischenmenschlichen Beziehungen fest, denn niemand kann und sollte immer alles von sich geben.


Als ich mir als Erwachsene ein neues Umfeld aufbaute, suchte ich mir interessanterweise Freunde aus, die das konnten, was ich schon vor langer Zeit verlernt hatte: Meine Grenzen sehen und auch beachten. Ich war aus irgendeinem Grund richtig gut darin, zu merken, wenn andere mich ausnutzten oder meine Grenzen nicht beachteten. Auch wenn ich immer noch nicht wusste, wo die eigentlich sind.


Nach einigen Jahren konnte ich langsam erahnen, wo meine Grenzen waren. Wie in diesen Videos, in denen Menschen mit Haustieren so tun, als wäre irgendwo im Flur ein Hindernis, über das man drüber steigen muss, und der Hund dann das vermeintliche Hindernis nicht sieht, aber trotzdem genauso drüber steigt. Ich war wie der Hund, der die Grenze zwar nicht sehen konnte, aber sie vorsichtshalber trotzdem mal beachtet hat.


Denn mittlerweile kam nicht mehr ständig jemand in meine sprichwörtliche Wohnung. Die Leute blieben an der Wohnungstür stehen und fragten, ob sie reinkommen dürfen. Dadurch habe ich verstanden, dass es eben nicht normal ist, alles und jeden zu jeder Tageszeit reinzulassen. Denn wenn immer alle an einem bestimmten Punkt stehen bleiben, dann muss das ja einen Grund haben. Und da auch nicht mehr andauernd jemand etwas aus meiner Wohnung wegnahm, konnte ich selber wieder Dinge hineinstellen. Ich hatte endlich einen Raum für mich und musste nicht mehr in ständiger Angst leben, dass er mir jederzeit wieder weggenommen werden könnte.


Da ich in den letzten Jahren viel an mir gearbeitet habe, kann ich heute sogar selbst meine Grenzen erkennen und sie auch selbst beschützen. Aber am liebsten ist mir natürlich, wenn ich das gar nicht muss, weil mein Gegenüber sie bereits von sich aus beachtet. Denn die Angst, dass jederzeit jemand meine Grenzen überschreiten könnte, die ich all die Jahre gespürt habe, hat viel Kraft gekostet. Zum Glück kann ich meine Energie heute für andere, viel schönere Dinge nutzen.

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