Hineinpassen vs. Dazugehören
- Franzi C
- 14. Feb.
- 3 Min. Lesezeit
Wir wollen alle irgendwo dazugehören. Wir wollen Freundinnen und Partner finden, bei denen wir einfach so sein können, wie wir wirklich sind. Auf der Suche danach vergessen wir aber manchmal, einfach wir selbst zu sein. Dann verbiegen wir uns, nur damit wir irgendwo hineinpassen. Übrig bleibt dann eine Version von uns, die krumm und schief ist und nichts mehr mit unserem wahren Ich zu tun hat. Dabei muss man das gar nicht, wenn man Menschen findet, bei denen man nicht nur hineinpasst, sondern auch dazugehört.
Erstmal scheinen diese beiden Worte dasselbe zu meinen, aber wenn man genauer hinsieht, gibt es einen kleinen, aber wichtigen Unterschied. Wenn wir irgendwo hineinpassen, dann füllen wir eine Lücke und passen uns den Bedürfnissen der anderen Person an. Und wenn die Lücke nicht zufällig so aussieht wie wir, müssen wir uns verbiegen oder uns kleiner/größer machen, als wir eigentlich sind. Als wären wir ein Puzzleteil, das nur mit einer bestimmten Form und mit dem passenden Motiv das Puzzle ergänzen kann.
Im Gegensatz dazu müssen wir uns nicht verändern, wenn wir irgendwo wirklich dazugehören. Wir passen dazu, so wie wir sind. Weil es eben nicht nur darum geht, eine Lücke zu füllen. Im Gegenteil. Es gibt gar keine Lücke, die gefüllt werden muss. Wir sind nicht mehr nur ein Puzzleteil, sondern ein vollständiges Puzzle, das neben andere Puzzles gelegt werden kann, unabhängig davon, welches Bild wir oder die anderen Puzzles haben.
Als Kind konnte ich mich wie keine Zweite an meine Umgebungen anpassen. Wie die Irrwichte bei Harry Potter, von denen niemand weiß, wie sie in echt aussehen, weil sie sich verändern, sobald sich ihnen jemand nähert. Auch ich wusste nicht richtig, wer ich eigentlich war. Wie auch, wenn die ganze Zeit die Probleme meiner Eltern abfangen und lösen musste? Ich war ständig damit beschäftigt, herauszufinden, welche Form ich annehmen muss, um die aktuelle Lücke im Puzzle zu füllen.
In dieser Zeit konnte ich nur ich selbst sein, wenn ich alleine war. Dann konnte mich niemand kritisieren oder mich mit seinen Bedürfnissen ersticken. Je mehr Abstand ich von meinen Eltern gewann, desto mehr suchte ich mir unbewusst Freundinnen, die dieselben Interessen hatten wie ich. Denn mit ihnen zusammen konnte ich diese endlich ausleben. Ich musste mich nicht anpassen, denn wir mochten ja dasselbe. Aber letztendlich waren auch sie nur ein Puzzleteil für mich und ich eins für sie. Ich dachte, so macht man das eben. Wir füllten eine Lücke bei der jeweils anderen. Für eine gewisse Zeit geht das auch gut. Aber sobald sich die eigene Lücke ändert oder sie sich sogar schließt, verliert die andere Person ihre Aufgabe. Dann kommt es darauf an, ob der Rest der Persönlichkeit zu einem passt. Und das tut sie meist nicht. Und plötzlich löst sich die Basis der Beziehung in Luft auf. Übrig bleiben zwei Menschen, die sich nichts mehr zu sagen haben oder sogar unterschiedliche Sprachen sprechen.
Irgendwann fing ich an, mir meine Freunde nicht mehr nach Interessen auszusuchen, sondern nach Persönlichkeit. Es klingt so selbstverständlich, ist es aber gar nicht. Vor allem nicht, wenn man gewohnt ist, selbst nur als Puzzleteil zu funktionieren und andere nach der Form ihres Puzzleteils zu beurteilen. In dem Moment, in dem ich begonnen habe, mich als Ganzes zu sehen und etwaige Lücken selbst zu füllen, habe ich auch die anderen als Gesamtwerk betrachtet.
Ab diesem Moment konnten andere einfach neben mir existieren, ohne eine Aufgabe zu erfüllen. Dann war es auch nicht wichtig, ob sich ihre Puzzleteile verändert oder sich ihre Lücken geschlossen haben. Denn die Basis für die Beziehung war das Gesamtbild und die unausgesprochene Abmachung, dass sich jede Person um ihr eigenes Puzzle kümmert.
Seitdem meine Beziehungen diese klare Aufgabenteilung haben, sehe ich endlich alles, was die Personen zu bieten haben. Ich bemerke alle Facetten und Eigenheiten, aber auch alle Gefühle, die mir die Person entgegenbringt. Denn nicht nur ich habe meinen Tunnelblick verloren, sondern auch mein Gegenüber kann jetzt mehr machen, als nur die eine Aufgabe.
Seitdem merke ich auch, wer zu mir gehört und zu wem ich gehöre. Das Schöne daran ist, dass mit den richtigen Personen alles wie von selbst funktioniert. Ganz automatisch verliere ich sie nie aus den Augen, auch wenn wir in unterschiedlichen Städten wohnen oder uns eine Weile nicht sehen. Als wäre da ein unsichtbares Band, dass nicht reißen kann. Solche Menschen können auch nie etwas Falsches sagen oder machen. Denn ich sehe, an welchem Bild mein Gegenüber gerade arbeitet, auch wenn noch einige Puzzleteile fehlen. Das macht es mir ziemlich leicht, etwaige Lücken zu übersehen oder zu verzeihen.
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