Ich hab nur von dir geträumt
- Franzi C
- 27. Sept. 2024
- 3 Min. Lesezeit
Was erstmal klingt, wie ein Song aus den 90ern, ist aber eine gute Beschreibung für meine Träume in den letzten Jahren. Alle paar Monate träume ich nämlich von meiner Vergangenheit und verarbeite damit Gefühle, die nicht genug Raum im Wachleben finden. Ursprünglich waren es Albträume. Mittlerweile haben sie zum Glück ihren Schrecken verloren und freue ich mich aber über sie und über das, was sie mir über mich selbst verraten. Hier möchte ich euch von meiner Beziehung zu diesen Träumen erzählen.
Vor ungefähr drei Jahren begannen meine Albträume. Ich träumte von einer Person, die ich schon seit 10 Jahren nicht mehr gesehen habe. In den Träumen passierte nichts außergewöhnliches. Wir fuhren Auto oder ich sah die Person einfach irgendwo rumstehen. Und trotzdem machten mir die Träume so viel Angst, dass ich jedes Mal aufwachte und anschließend Probleme hatte, wieder einzuschlafen. Eines Nachts blieb es aber nicht bei der „normalen“ Angst. In der Nacht kamen unterdrückte Erinnerungen aus meiner Kindheit wieder hoch und wachte mit Herzrasen auf. Der Traum war inhaltlich genauso belanglos wie die Träume zuvor, aber er hatte eine Tür in meinem mentalen Haus geöffnet, die bisher verschlossen war. Dahinter waren alte Gegenstände aus meiner Kindheit, die jemand anderes da reingelegt hatte.
Die Albträume blieben solange, bis ich angefangen habe, ein Medikament zu nehmen, das meine Emotionen – auch in Träumen – abschwächte. Ich wünschte, ich könnte etwas anderes schreiben und euch vielleicht einen tollen Trick verraten, aber manchmal gibt es keinen und man muss sich professionelle Hilfe holen. Das Medikament veränderte dann auch den Inhalt der Träume. Aus inhaltslosen Träumen wurden Träume mit Symbolen und Handlungen, die meine aktuellen Gefühle und Gedanken widerspiegelten. Zum Beispiel träumte ich einmal davon, vor einem Krieg zu fliehen. Ein paar Tage später träumte ich von einem anderen Krieg und dieses Mal entschied ich mich dazu, zu kämpfen. Die Träume verarbeiteten eine Situation aus meinem Wachleben, wo jemand eine Grenze von mir übertreten hat und ich mich anfangs kurz wehrte, dann aber nachgab. Es ging also um meinen inneren Kampf um meine Grenzen und die Wut darüber, dass ich sie manchmal noch nicht gut genug verteidigen kann.
Oft träume ich aber eben von dieser einen Person aus meiner Kindheit. Auch im wachen Zustand habe ich in den letzten Jahren viel über sie nachgedacht. Diese Zeit war sehr belastend, denn ich hatte nirgendwo Ruhe von der Person, nicht einmal im Schlaf. Dabei habe ich sie seit über 10 Jahren nicht mehr im echten Leben gesehen. Im Traum will sie eine Grenze von mir übertreten. Vor einem Jahr ist es ihr noch gelungen. Ich habe im Traum sogar die Nähe der Person gesucht. Als würde ich in einem Boxkampf in den Ring steigen und mich nicht wehren oder sogar freiwillig in die Faust der Person rennen. Natürlich gewinnt dann die andere Person.
In den letzten Monaten ist die Person jedoch daran gescheitert. Ich bin nicht mehr in den Boxring gestiegen. Und auch wenn mich die Träume von dieser Person kurz runterziehen, weil ich am liebsten natürlich gar nicht mehr von ihr träumen würde, finde ich die Träume immer sehr interessant und aufschlussreich. Denn die Träume zeigen, wie sehr ich mich verändert habe und wie echt die Veränderung ist. Wenn sich mittlerweile sogar mein Unterbewusstsein gegen die Person wehrt, ist das schließlich ein gutes Zeichen. Denn im Traum führt das Unterbewusste Regie und entlarvt die wackeligen Gerüste und Lügen, die wir uns im Bewusstsein aufgebaut haben. Während ich mir also im wachen Zustand nicht sicher bin, ob ich meine Grenzen verteidigen kann, zeigt mir mein Unterbewusstsein mit den Träumen, wie ich immer sicherer werde, wenn es um meine Grenzen geht. Auch Personen, an die ich nicht denken möchte, wenn ich wach bin, tauchen dann auf. Denn meine Träume kann ich nicht kontrollieren. Sie halten mir den sprichwörtlichen Spiegel vor mein Gesicht und zeigen, wie meine Seele ungeschminkt aussieht.
Solche Träume zeigen mir, wie wenig Macht meine Vergangenheit mittlerweile über mich hat. Denn wenn man nur noch im Traum auftaucht, wenn die andere Person am wehrlosesten ist, spricht das nicht gerade für die Macht, die man über sie hat. Als würde man nur einen Boxkampf gewinnen, wenn die andere Person bewusstlos ist. Dann mit der eigenen Muskelkraft anzugeben ist, gelinde gesagt, etwas peinlich. Mittlerweile gewinnt die Person aber nicht mal mehr gegen mich. Ich wehre mich und gehe sogar gezielt weg. Als würde man nun im Boxkampf auch noch gegen die bewusstlose Person verlieren.
Die Handlungen dieser Träume verarbeiten meine Gefühle und zeigen mir Veränderungen, die ich im Wachleben übersehe. Auch die Häufigkeit der Träume sagt mir etwas darüber, wie viel Raum meine Vergangenheit noch bei mir einnimmt. Das Gefühl, dass diese Träume auslösen, verrät mir, wie mein Unterbewusstsein meine aktuelle Situation bewertet. Und solange ich sie noch habe, höre ich ihnen gerne zu und versuche zu verstehen, was sie mich sagen wollen.
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