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Warum wir uns mit anderen vergleichen sollten

  • Autorenbild: Franzi C
    Franzi C
  • 18. Okt. 2024
  • 4 Min. Lesezeit

Ich weiß, dass ich mich nicht mit anderen vergleichen soll. Aber ich mache es trotzdem. Ich kann mich besser verorten, wenn ich weiß, wo die Anderen stehen. Wenn ich mich umsehe, merke ich entweder, dass ich gar nicht alleine dastehe und ganz gut abschneide, oder im Gegenteil, ich merke, dass ich im Vergleich ziemlich schlecht abschneide und alleine dastehe. Dann bin ich entweder erleichtert oder traurig. Ich könnte natürlich einfach aufhören, mich mit anderen zu vergleichen. Das Problem ist aber gar nicht der Vergleich, sondern etwas ganz anderes.

Wir alle müssen uns vergleichen. Manchmal gefällt uns das Ergebnis sogar. Wie oft dachte ich schon, dass ich die einzige Person auf der Welt mit einem Problem bin. Ich fühlte mich allein und unverstanden von anderen. Im Vergleich mit anderen fand ich dann immer mehr Menschen, denen es ähnlich ging. Ich war überrascht, dass andere ähnliche Probleme haben wie ich. Wir Menschen sind zum Glück eben doch nicht so besonders und einzigartig, wie wir es uns manchmal gerne einreden.


Manchmal gefällt uns aber auch nicht, was wir sehen. Wenn ich sehe, dass andere auf ihrem Lebensweg weiter sind oder sie ein Problem schneller lösen konnten als ich, sagen meine Freundinnen gerne, dass ich mich nicht mit anderen vergleichen sollte und es unfair mir gegenüber ist. Das wird aber nur behauptet, wenn mir das Ergebnis meines Vergleichs nicht gefällt. Wenn ich dagegen gut abschneide, ist es natürlich in Ordnung, mein Ego mit dem Ergebnis aufzupolieren. Sich nur zu vergleichen, wenn man besser abschneidet als die anderen, ist nicht nur widersprüchlich, sondern auch noch verdammt schwer umzusetzen.


Dabei ist es völlig in Ordnung, wenn wir uns vergleichen - unabhängig davon, wie das Ergebnis ausfällt. Sich nicht zu vergleichen ist eben nicht die Lösung unserer Probleme.


Denn auch das schlechte Abschneiden gehört zur Realität dazu. Es gibt nun mal Menschen, die weniger Hindernisse auf ihrem Weg haben oder ihre Probleme schneller lösen als ich. Ich rede mir dann gerne ein, dass jemand anderes heimlich zusätzliche Hindernisse auf meinen Weg gestellt hat oder die anderen Hilfe bei der Lösung ihrer Probleme hatten und sie nur deswegen schneller fertig sind als ich. Vielleicht haben sie auch früher mit der Lösung ihrer Probleme angefangen und sind deshalb vor mir fertig.


Das mag auch alles sein, aber wenn ich ehrlich zu mir bin, weiß ich, es ist genauso gut möglich, dass andere genauso viele Hindernisse auf ihrem Weg hatten wie ich oder ebenso keine Hilfe bei ihren Problemen hatten. Und trotzdem sind sie schneller als ich. Auch das gehört zur Realität dazu. Dann weiß ich einfach nicht, warum ich länger brauche als andere. Vielleicht gibt es einen Grund, den ich nicht kenne. Oder vielleicht gibt es auch gar keinen Grund dafür.


Das eigentliche Problem ist doch, dass wir denken, alles hätte einen Grund. Für die einen ist es Gott, für die anderen ist es Schicksal, für wieder andere ist es ihr Mindset. Dabei ist es wahrscheinlich nur der Zufall. Durch Zufall können wir im Lotto Millionen von Euros gewinnen. Durch Zufall können wir aber auch ein Leben lang tausende Euro für Lotto-Scheine ausgeben und nicht ein einziges Mal gewinnen. Auf beides haben wir keinen Einfluss. Es gibt kein System, das wir befolgen können, um zu gewinnen.


So ist es auch mit alltäglichen Dingen. Einige finden nie die eine Person, mit der sie ihr Leben teilen wollen, weil sie ihnen nie begegnet oder sie sie übersehen haben. Einige lesen nie ihr Lieblingsbuch, weil ihr erstes Buch so schlecht war, dass sie die Lust an allen anderen verloren haben. Andere werden nie ein Mathe-Ass, weil ihnen in der Schulzeit nie erklärt wurde, was die eigentliche Bedeutung hinter den mathematischen Formeln ist. Und wieder andere bleiben ihr Leben lang unsportlich, weil sie in der Schule immer als Letzte gewählt wurden.


Ich zum Beispiel bin schon seit einiger Zeit arbeitslos. Ich habe zwei Universitätsabschlüsse und auch schon einige Jahre Berufserfahrung. Meine Bewerbungsunterlagen wurden auch schon von mehreren Leuten abgesegnet und als gut befunden. Trotzdem habe ich bisher noch nicht die Firma gefunden, der ich gefalle. Egal, welchen Rat ich befolge. Egal, ob ich mich auf alle möglichen Jobs oder nur auf ganz bestimmte bewerbe. Der Zufall war bisher noch nicht auf meiner Seite. Das passiert. Es ist frustrierend und manchmal komme ich mir vor wie eine Versagerin, aber es passiert. Ich habe eben nur einen Teil des Bewerbungsprozesses in der Hand.


Unzählige Tipps und Strategien habe ich schon probiert und nichts davon hat funktioniert. Waren sie deswegen schlecht? Nein. Die Strategien haben ja für andere funktioniert. Das macht sie aber nicht gleich zur universellen Strategie für alle. So wie die einen beim Lotto gewinnen, wenn sie die Zahlen ihres Geburtstags ankreuzen, haben andere damit keinen Erfolg.


Uns geht es besser, wenn wir denken, wir haben Einfluss auf das, was passiert. Wir reden uns gerne ein, dass wir die Kontrolle über alles haben. Im Umkehrschluss dazu denken wir dann auch, es ist unsere Schuld, wenn etwas nicht funktioniert. Aber das stimmt nicht. In Wirklichkeit fällt es uns einfach nur nie auf, wenn der Zufall auf unserer Seite ist, sondern immer erst dann, wenn er es nicht mehr ist und wir uns über das Ergebnis beschweren.


Das Problem ist also nicht, dass wir uns mit anderen vergleichen. Das Problem ist, dass wir denken, nur wir tragen die Verantwortung für das Ergebnis des Vergleichs. Tatsächlich haben wir viel weniger Einfluss als wir denken. Das ist oft auch etwas Schönes. Wenn ich nur daran denke, wie oft ich schon das Glück hatte, tolle Menschen kennenzulernen, nur weil wir zufällig zur selben Zeit am selben Ort waren, dann bin ich wirklich dankbar für den Zufall. Und irgendwann ist er auch bei der Jobsuche wieder auf meiner Seite. Da bin ich mir ganz sicher.

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