Welche Menschen lassen wir in unser Leben? (Teil 1)
- Franzi C
- 14. März
- 4 Min. Lesezeit
Welche Menschen lassen wir in unser Leben und welche nicht? Wonach entscheiden wir, mit wem wir befreundet sind? Und die Frage, die mich wie immer am meisten interessiert: Warum überhaupt?
Die ersten Menschen, die uns wichtig sind, können wir uns nicht aussuchen. Unsere Eltern bringen uns ungefragt auf die Welt. Manchmal sind sie wie wir und manchmal eben nicht. So oder so haben wir sie erstmal an unserer Backe. Umso interessanter ist es, wen wir später in unser Leben lassen.
Der Kommunikationspsychologe Schulz von Thun sagt, die Menschen, die wir mögen, gehören immer in eine der drei Gruppen: (1) Die, die so sind wie wir, (2) die, die uns ergänzen, und (3) die, die etwas in uns hervorholen.
Mit der ersten Gruppe, also denen, die so sind wie wir, kommen wir am besten klar, denn sie haben dieselben Werte, denselben Charakter und dieselben Macken wie wir. Sie sind vorhersehbar, ohne Überraschungen und auf eine gute Art einfach langweilig. Sie sprechen dieselbe Sprache wie wir, also gibt es kaum Missverständnisse. Schulz von Thun nennt diese Gruppe unsere Seelenverwandten.
Bei der zweiten Gruppe sieht das etwas anders aus. Sie sind uns auch sehr ähnlich, aber sie machen irgendetwas anders als wir. Sie können etwas, was wir nicht (so gut) können. Vielleicht können sie besser Grenzen setzen als wir, ihre Meinung besser vertreten oder leichter Nähe von anderen zulassen. Mit ihnen an unserer Seite fühlen wir uns wohler, weil wir wissen, dass sie im Zweifelsfall die Aufgaben übernehmen werden, die wir eben nicht so gut können. Wir sprechen dieselbe Sprache, aber sie können sie etwas besser als wir. Wenn sie da sind, können wir mit anderen reden, und wenn uns mal ein Wort nicht einfällt, ergänzen sie es für uns.
Allerdings besteht bei dieser Gruppe immer die Gefahr, dass das, was wir vorher wenigstens noch ein bisschen konnten, irgendwann komplett verlernen, weil wir uns darauf verlassen, dass die andere Person die Aufgabe immer für uns übernehmen wird. Es ist in Ordnung, wenn wir noch nicht so gut darin sind, Nähe zu anderen herzustellen und uns z.B. bei ihr zu melden. Vielleicht haben wir Angst, dass wir die Person nerven könnten oder sind unsicher, ob die Andere uns auch gut findet wie wir sie. Dann kann es helfen, wenn die andere Person sich öfter zuerst meldet. Aber wenn wir irgendwann gar nicht mehr auf andere zugehen können, kann das für sie frustrierend sein und für uns sehr einsam.
Die dritte Gruppe holt etwas in uns hervor, was normalerweise keine Beachtung bekommt. Bei ihnen können wir ein Fähigkeit aus dem Keller holen, die dort sonst nur verstaubt. Vielleicht können wir bei ihnen eine Pause vom Erwachsenenleben machen und uns einfach mal kindisch verhalten. Oder vielleicht müssen wir bei ihnen keine Erwartungen erfüllen und können einfach mal so sein, wie wir wirklich sind. Vielleicht können wir bei ihnen Fehler machen und unseren eigenen Weg finden, ohne dass sie wachend über uns stehen und uns jeden Schritt diktieren wollen. Sie sprechen die Sprache, die wir auch mal konnten, aber irgendwann verlernt haben. Wenn wir mit ihnen reden, erinnern wir uns Stück für Stück an unsere vergessene Fähigkeit. Und nicht nur das. Wir lernen auch noch Neues dazu und werden mit der Zeit immer besser.
Ich glaube, die Menschen in dieser Gruppe sind ebenfalls Seelenverwandte von uns. Denn bei ihnen können wir wachsen und im Laufe der Beziehung zu einem besseren Ich werden. Und in dem Moment, wo wir unser verborgenes Talent genauso beherrschen wie sie, rutschen wir beide von der dritten in die erste Gruppe, denn ab da an sind wir komplett gleich.
Ich wäre heute nicht die Person, die ich bin, wenn ich in den letzten Jahren nicht hauptsächlich Personen aus Gruppe 1 und 3 in meinem Leben gehabt hätte. Und von beiden konnte ich etwas lernen. Von denen, die so waren wie ich, habe ich gelernt, dass ich nicht alleine bin. Ich habe gemerkt, es gibt noch mehr von meiner Sorte und sie gehen im Leben einen ähnlichen Weg wie ich. Von ihnen habe ich auch gelernt, wie schön und einfach eine zwischenmenschliche Beziehung sein kann, wenn beide dieselbe Wellenlänge haben. Auf einmal musste ich mich nicht mehr erklären und nicht mehr um die Beziehung kämpfen. Sie lief wie von selbst, weil wir immer wieder zueinander gefunden haben.
Die Personen aus Gruppe 3 haben die Eigenschaften von mir ausgebuddelt, die meine Eltern in jahrelanger Kleinarbeit unterdrückt und vergraben haben. Sie waren meine Anti-Eltern. Sie haben gesehen, was in mir steckt und mich dabei unterstützt, zu dem Menschen zu werden, der ich tief drinnen schon immer war. Sie haben mich daran erinnert, wer ich bin, wenn ich es mal wieder vergessen habe. Sie sagten das, was ich mich nicht mal zu denken traute. Für sie war selbstverständlich, was ich manchmal noch in Frage stellte.
Soweit ich weiß, habe ich in meinem näheren Umfeld niemanden aus Gruppe 2. Wahrscheinlich weil ich mich nicht gerne von anderen abhängig mache und lieber selbst etwas lerne, als mich immer darauf verlassen zu müssen, dass es jemand anderes für mich macht.
Nach dem Ausflug in die rosa Welt der Freunde stellt sich doch noch die Frage, wonach wir entscheiden, wen wir nicht in unser Leben lassen. Woran merken wir, dass die Anderen nicht zu uns passen bzw. dass wir sie nicht mögen. Damit beschäftige ich mich nächsten Freitag.
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