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Wenn aus Freunde Bekannte werden

  • Autorenbild: Franzi C
    Franzi C
  • 7. März
  • 4 Min. Lesezeit

Wisst ihr noch, wann ihr das letzte Mal heulend und mit einem Ben & Jerrys in der Hand das Ende einer Freundschaft betrauert habt? Nein? Ich auch nicht. Weil ich das noch nie gemacht habe. Dabei ist es doch jedes Mal wieder traurig, wenn eine Freundschaft zu Ende geht. Ich habe mich gefragt, warum das so ist. Ist es, weil es nicht so traurig ist wie das Ende einer Partnerschaft? Oder ist es, weil wir einfach nicht wissen, wie man mit dem Ende einer Freundschaft umgeht?


Ich habe in letzter Zeit ein paar Videos zu diesem Thema gesehen. In denen ging es hauptsächlich darum, dass man nach dem Ende einer Freundschaft auch traurig sein kann und dass es okay ist, wenn man darüber redet, so wie man auch darüber redet, wenn man sich vom Partner getrennt hat. So weit so gut. Ich wollte aber wissen, warum freundschaftliche Trennungen nicht so ein alltägliches, normales Thema sind wie partnerschaftliche.


Wenn ich auf meine ehemaligen Freundschaften zurückblicke, fällt mir auf, dass ich oft keinen konkreten Tag nennen kann, an dem sie vorbei war. Das ist beim Anfang der Freundschaft übrigens ähnlich. Anfang und Ende sind meist fließend. Ich bemerke es meist erst, wenn ich über die Person rede, ob mittlerweile aus der Bekanntschaft eine Freundschaft geworden ist oder umgekehrt. Bei mir gab es bisher auch nur einmal ein klärendes Gespräch oder sogar ein Trennungsgespräch, in dem wir uns darauf geeinigt haben, dass wir jetzt nicht mehr befreundet sind.


Auch in den Medien wird das Ende einer Freundschaft so selten thematisiert, dass mir dazu kaum bis keine Filme oder Songs einfallen, in denen es um das Ende einer Freundschaft geht (The Social Network, Nur ein kleiner Gefallen). Das Ende einer Partnerschaft wird hingegen hoch und runter, von allen möglichen und unmöglichen Seiten beleuchtet, sodass ein einziges Menschenleben gar nicht ausreicht, wenn man sich alle Werke wenigstens einmal ansehen bzw. anhören will.


Durch die Filme wissen wir alle, wie wir uns zu verhalten haben, wenn wir uns (partnerschaftlich) trennen. Wir gehen feiern, haben ein Glow up, essen unser Lieblings-Ben & Jerrys und schmeißen alles weg, was uns an die Person erinnert. So weit, so klar. Aber bei Freundschaften? Da vertragen sich am Ende alle wieder oder die Person verschwindet wortlos aus dem Film oder stirbt. Aber was ist, wenn wir uns nach dem Streit nicht wieder vertragen? Und was ist, wenn es gar keinen Streit gab? Und was ist, wenn die Person nicht wortlos verschwindet, sondern wir sie am nächsten Tag wieder auf Arbeit oder bei irgendeiner Geburtstagsfeier sehen? Was ist, wenn die Person nach dem Ende der Freundschaft nicht einfach stirbt, sondern es wagt, einfach weiter zu leben? Das soll ja tatsächlich vorkommen. Fragen über Fragen und keine einzige davon wird in Filmen oder Liedern beantwortet!


Natürlich kann man Freunde und Partnerinnen nicht einfach in einen Topf schmeißen. So große Töpfe gibt es schließlich gar nicht. Und was sollen sie auch in dem Topf machen? Und warum ist man selbst nicht auch in diesem Topf? Aber ich schweife ab. Die meisten haben nur einen Partner. Freundinnen hat man meist mehrere. Normalerweise lebt man auch mit dem Partner zusammen oder verbringt zumindest viel Zeit mit ihm. Manchmal gibt es auch noch gemeinsame Kinder, Wohnungen oder Firmen. Freundinnen leben meist woanders und man sieht sie - speziell als Erwachsene - deutlich seltener.


Unsere Freunde nehmen also viel weniger Raum in unserem Leben als unsere Partner. Das heißt, unser Partner hinterlässt eine größere Lücke, die wir dann in der Regel auch nicht sofort mit einem neuen Partner füllen. Bei Freundinnen ist das anders. Ihre Lücke ist nicht so groß und wird automatisch durch die anderen verbliebenen Freundinnen aufgefüllt.


Und trotzdem sollten wir den Verlust eines Freundes genauso betrauern wie den von einer Partnerin. Denn schließlich müssen wir uns von der gemeinsamen Vergangenheit verabschieden. Denn die Person, die als einzige die Insider-Witze verstanden hat, ist jetzt nicht mehr da. Und auch die Person, mit der man zusammen Shopping Queen und Germany‘s Next Topmodel gesehen und mit der man über die Teilnehmerinnen gelästert hat, ist jetzt weg. Aber nicht nur von der Vergangenheit, sondern auch von der gemeinsame Zukunft müssen wir uns verabschieden. Wir müssen uns davon verabschieden, nicht mehr gemeinsam auf Konzerte zu gehen, doch nicht die Brautjungfer bei der jeweils anderen zu sein, nie wieder zusammen in das Lieblingscafé zu gehen und keine Geburtstage mehr mit ihnen zu feiern. Und das ist traurig!


Dadurch, dass es kein klares Ende gibt, verpassen wir den Moment, in dem wir anfangen sollten, zu trauern. Das Ende unserer Freundschaft und die Gefühle, die es auslöst, ziehen sich so unendlich in die Länge und bleiben dabei immer irgendwie im Hintergrund. Wie diese eine Sache, die man seit längerem erledigen will, aber immer vor sich hinschiebt, schwebt die Trennung wie eine Wolke permanent über einem. Wenn wir unsere Trauer einfach mal in den Vordergrund holen würden, hätte sich das Thema wahrscheinlich nach ein paar Tagen erledigt.


Und vielleicht brauchen wir auch gar keine Filme darüber, wie man mit dem Ende eine Freundschaft umgeht. Denn die Gefühle und der Trauerprozess als Ganzes unterscheiden nicht zwischen Partnerschaften, Freundschaften, Eltern, Kindern, Häusern oder Jobs. Wenn wir etwas verlieren, werden wir traurig, wütend, enttäuscht und noch vieles andere. Dann müssen wir einen Weg finden, die neue Situation zu akzeptieren und damit zu leben, dass unsere Zukunft nicht mehr so aussehen wird, wie wir sie uns bisher vorgestellt haben. Der einzige Unterschied ist, wie stark die Gefühle sind und wie stark die Veränderung ist, die wir akzeptieren müssen.


Ich möchte an dieser Stelle noch kurz ergänzen, dass hier natürlich niemand irgendetwas „muss“. Wir können auch an unserer Vergangenheit kleben wie ein Kaugummi an unserem Lieblingsschuh. Aber wer nur nach hinten sieht, kriegt gar nicht mit, was vorne alles passiert. Schließlich ist unsere Zukunft die Vergangenheit von morgen. Und wenn wir eine schöne Vergangenheit wollen, auf die wir dann eines Tages zurückblicken können, müssen wir uns zuerst um unsere Gegenwart und Zukunft kümmern.

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