Welche Menschen lassen wir in unser Leben? (Teil 2)
- Franzi C
- 21. März
- 4 Min. Lesezeit
Letzte Woche haben wir uns angesehen, welche Menschen wir in unser Leben lassen. Zur Erinnerung, laut Schulz von Thun sind es (1) die, die so sind wie wir, (2) die, die uns ergänzen, und (3) die, die etwas aus uns herausholen. Aber welche Personen lassen wir nicht in unser Leben? Und welche Menschen verlassen unser Leben schnell wieder, weil sie einfach nicht reinpassen? Dazu verrät er uns in seinen Büchern nichts. Deshalb habe ich meine Denkmurmel mal selbst angeschmissen und überlegt, wie die Antwort auf diese Frage sein könnte.
Vielleicht finden wir die Antwort, wenn wir die eben genannten drei Gruppen ins Gegenteil verkehren. Das Ergebnis wären folgende drei Gruppen: (1) Die, die nicht so sind wie wir, (2) die, die uns nicht ergänzen, d.h. dieselbe Lücke haben wie wir, und (3) die einen Teil von uns unterdrücken. Schauen wir uns die drei Gruppen kurz an.
Die, die nicht so sind wie wir, mögen wir nicht, weil sie so anders sind, dass wir sie nicht verstehen. Sie sprechen eine ganz andere Sprache als wir, also kommt gar kein Gespräch zustande und wir können nichts mit ihnen anfangen. Das klingt doch schon mal sinnvoll.
Die zweite Gruppe, die so sind wie wir und auch dieselbe Lücke haben, wären ja genau wie wir und damit unsere Seelenverwandten. Und die sollten wir ja wohl mögen. Aber was ist, wenn nicht? Zur Erinnerung, die zweite Gruppe aus der letzten Woche zeichnete sich dadurch aus, dass sie sich Personen sucht, die das für sie machen, was sie nicht (so gut) können. Und warum sollten sie das machen, statt selbst daran zu arbeiten, dass sie ihre Lücke schließen? Vielleicht, weil sie dadurch jemanden an sich binden können, der sich dafür verantwortlich fühlt, immer ihre Lücke zu schließen. Dann wäre jede andere Person mit derselben Lücke eine Konkurrenz.
Ein anderer Grund könnte sein, dass wir die Schwächen anderer ablehnen, wenn wir dieselben haben, es aber nicht wahrhaben wollen. Ganz nach dem Motto: Die größten Kritiker der Elche sind meist selber welche. Dann lehnen wir die Anderen ab, weil wir der Welt, aber vor allem auch uns selbst beweisen wollen, dass wir ja auf gar keinen Fall so sind wie die.
Kommen wir zur Gruppe 3, die, die etwas in uns unterdrücken. Wenn wir immer einen Teil von uns verstecken müssen, wenn wir Zeit mit einer Person verbringen, klingt das wirklich sehr unentspannt und vor allem auch unehrlich. Als würden wir etwas verschweigen, nur weil die andere Person uns sonst nicht mag. Wir sprechen dieselbe Sprache, aber ich darf keine Worte benutzen, die mit „H“ anfangen. Das ist anstrengend und kann nicht die Basis für ein Miteinander sein.
Ich möchte die Gruppe 3 noch erweitern und zwar um die, die etwas aus uns hervorholen, was wir nicht (mehr) sein wollen oder nicht mögen. Wir alle haben viele verschiedene Eigenschaften und Verhaltensweisen. Wenn uns jemand begegnet, der etwas aus uns herausholt, was wir eigentlich nicht mehr (so viel) sein wollten, fühlt sich das komisch an. Als hätten wir in der Schule mal Latein gelernt und später begegnet uns jemand, der will, dass wir Latein mit ihm reden, dabei haben wir schon die Hälfte wieder vergessen und es gibt andere Sprachen, die wir lieber sprechen und besser beherrschen.
So geht es mir manchmal mit Menschen, die ich schon länger kenne. Mir kommt es so vor, als wären sie irgendwann einfach stehen geblieben und ich muss jedes Mal, wenn ich mit ihnen rede, erstmal 100 Meter zurück gehen, damit ich mich mit ihnen unterhalten kann.
Wahrscheinlich gibt es noch viel mehr Gründe, warum wir uns mit Menschen nicht (mehr) verstehen. Ich bilde mir nicht ein, hier eine vollständige Liste aufgeschrieben zu haben. Es ist am Ende sowieso viel wichtiger, dass wir unsere Seelenverwandten von den Nicht-Seelenverwandten unterscheiden können. Ich erkenne sie mittlerweile daran, wie ich mich fühle, wenn ich mit ihnen Zeit verbringe.
Bei meinen Seelenverwandten sind die Gespräche einfach, ich fühle mich sicher und es gibt kaum Missverständnisse. Und nach dem Treffen habe ich nie das Gefühl, dass ich etwas falsch gemacht habe. Mir fällt eher noch eine Menge ein, was ich vergessen habe, zu erzählen, weil ich mir bei jedem Satz von ihnen dachte: „Oh, dazu fällt mir ein, dass…“ Und selbst, wenn mich eine Bemerkung von ihnen irritiert und etwas verletzt hat, kann ich mir einfach sicher sein, dass sie es nicht böse gemeint haben. Meist weiß ich sogar, mit welcher guten Absicht der Satz gesagt wurde. Diese Menschen verliere ich auch automatisch nie aus den Augen, auch wenn wir in unterschiedlichen Städten wohnen oder einfach mal das ganz normale Leben dazwischen kommt.
Bei den Nicht-Seelenverwandten können Gespräche sehr anstrengend werden und oft habe ich das Gefühl, vorsichtig sein zu müssen. Währenddessen frage ich mich oft: „Darf ich das sagen? Will ich das von mir zeigen? Wie soll ich mich jetzt am besten verhalten?“ Manchmal reden wir aneinander vorbei oder es gibt Missverständnisse und Irritationen, bei denen ich mir nicht mal sicher bin, aus welcher Absicht heraus sie entstanden sind. Und am Ende verlieren wir uns aus den Augen, was dann auch irgendwie okay ist.
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